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Habilitationsvortrag

Dr. Carsten Butsch (Geographisches Institut, 28.06.2018)

14:00 Uhr; Geo-Bio-Hörsaal, Zülpicher Straße 49, 50674 Köln

Gibt es „Umweltflüchtlinge“ und wenn ja, wie viele? Zum komplexen Verhältnis von Umweltwandel und Migration.

Bereits 1985 prägte eine aufsehenerregende Studie des Umweltprogramms der Vereinten Nationen den Begriff der „Environmental Refugees“. Seitdem überbieten sich immer neue Studien mit Zahlen von „Umweltflüchtlingen“, die implizit als Bedrohung der bestehenden Ordnung angesehen werden. Insbesondere im Diskurs über den Klimawandel wird eine zu erwartende „Flüchtlingswelle“ als Argument für effektiveren Klimaschutz genannt.
Migrationsforscher bewerten diese alarmistischen Studien meist kritisch und sehen in den vorgelegten Zahlen „guesstimates“. Vor allem aber werden die vereinfachenden, geodetermi-nistischen Erklärungsansätze infrage gestellt, auf denen die meisten dieser Studien beruhen. Stattdessen wird Migration vor allem als Produkt gesellschaftlichen Wandels gesehen, wobei Umweltveränderungen zumeist nur ein Faktor unter vielen anderen sind. Migration ist dabei oft eine Anpassungsstrategie, zum Beispiel, wenn einzelne Haushaltsmitglieder migrieren, um zusätzliche Erwerbsquellen zu erschließen. Zusätzlich werden in der Migrationsforschung aber auch solche Umweltveränderungen thematisiert, die Migranten dadurch auslösen, indem ihre finanziellen Rücküberweisungen beispielsweise veränderte landwirtschaftliche Praktiken erzeugen.
Ziel des Vortrags ist es, zu zeigen, dass einfache Erklärungsmodelle, die vor einer umweltbedingten Migration warnen, angesichts der Komplexität des Prozesses zu kurz greifen. Weitergehend werden die Wechselwirkungen von Umwelt und Migration und auch die Chancen thematisiert, die Migration eröffnen kann.